Bitcoins und Co.: Sind Gewinne aus dem Verkauf überhaupt zu versteuern?

Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin, IOTA u.a. sind digitale, anonyme, notenbankunabhängige Währungen. Viele wissen nicht wirklich, was genau das ist und wie sie funktionieren. Was allerdings weithin wahrgenommen wird, sind Pressemeldungen über extreme Wertsteigerungen und drastische Wertverluste. Die Frage ist, wie Gewinne und Verluste aus dem Handel mit Bitcoins und anderen Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind.

Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, dass Bitcoins bzw. allgemein Kryptowährungen Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein und „Veräußerungsgewinne“ damit der Einkommensteuer unterliegen können (BT-Drucksache 17/14530 vom 9.8.2013, S. 40; ebenfalls BT-Drucksache 19/370 vom 5.1.2018, S. 21). Das bedeutet:

  • Der Tausch oder Rücktausch von Bitcoins in Euro oder eine andere Kryptowährung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung führt zu einem privaten Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Werden also Euros in Bitcoins umgetauscht, wird damit das Wirtschaftsgut „Bitcoin“ angeschafft. Festhalten sollte man unbedingt den Anschaffungszeitpunkt, den Anschaffungspreis und die gekaufte Menge.
  • Werden Bitcoins innerhalb von 12 Monaten nach der Anschaffung wieder verkauft, d.h. in Euros umgetauscht, sind Gewinne in voller Höhe als „sonstige Einkünfte“ gemäß § 22 Nr. 2 EStG mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern. Abgeltungsteuer fällt darauf jedoch nicht an. Allerdings bleibt ein Gewinn steuerfrei, wenn er unterhalb der Freigrenze von 600 EUR bleibt. Verluste dürfen nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden, und zwar durch Verlustausgleich im selben Jahr sowie durch Verlustabzug im Vorjahr und/oder in den Folgejahren. Anzugeben sind die Geschäfte in der „Anlage SO“.
  • Erfolgt der Verkauf von Bitcoins nach Ablauf von 12 Monaten, sind Gewinne vollkommen steuerfrei und Verluste steuerlich unbeachtlich.
  • Werden Bitcoins nacheinander angeschafft und im selben Depot gehalten, gilt die „First in, first out“-Regel: Für die Berechnung der Spekulationsfrist und des Veräußerungsgewinns gelten die zuerst gekauften Bitcoins als zuerst verkauft (FinMin. Hamburg vom 11.12.2017, S 2256-2017/003-52).
  • Sollten aus der Bitcoin-Anlage als Einkunftsquelle zumindest in einem Jahr Zinserträge erzielt werden, verlängert sich die Spekulationsfrist von 1 Jahr auf 10 Jahre (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG).

Aktuell hat das Finanzgericht Nürnberg Zweifel an der Auffassung der Finanzverwaltung angemeldet. Zwar liegt nur ein Beschluss in einem so genannten Aussetzungsverfahren vor; die Entscheidung in der Hauptsache steht also noch aus. Allerdings weisen die Richter darauf hin, dass der Bundesfinanzhof bislang noch nicht über die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen entschieden habe. Daher bestünden an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Kryptowährungen erhebliche Zweifel, die eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides rechtfertigen würden (FG Nürnberg, Beschluss vom 8.4.2020, 3 V 1239/19).

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Legen Sie gegen Bescheide, in denen Gewinne aus Kryptowährungen besteuert werden, Einspruch ein und weisen Sie auf das aktuelle Verfahren hin. Mit ein wenig Glück wird das Finanzamt Ihr Verfahren ruhen lassen, bis das FG Nürnberg und später möglicherweise der BFH entschieden haben. Zugegebenermaßen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der BFH die Gewinne aus Kryptowährungen tatsächlich unbesteuert lässt, aber nicht sehr hoch, zumal er erst kürzlich selbst Gewinne aus dem Verkauf von Fußballtickets als steuerpflichtig angesehen hat (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 10/18).

Zu guter Letzt noch eine kleine Anekdote: Die Nürnberger Finanzrichter konnten sich einen Seitenhieb auf eine anderslautende Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 2.3.2018 (Az. 13 V 13100/19) nicht verkneifen. Sie schreiben doch tatsächlich: „Letztlich sollte bei der Qualifizierung einer Kryptowährung als Wirtschaftsgut schon möglichst klar sein … worüber man eigentlich entscheidet.“ Die Richterkollegen aus Baden-Württemberg hatten offenbar Bitcoins und Ethereum ein wenig durcheinandergebracht.

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