Gebäudeabschreibung: AfA-Zeitraum per Wertgutachten verkürzen

Die Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden beträgt – je nach Nutzung und Bauantrag oder Kaufdatum – üblicherweise nur 2, 2,5 oder 3 Prozent, wenn keine Sonder-AfA, etwa nach § 7b EStG, infrage kommt. Das heißt, der Gesetzgeber unterstellt – typisierend – eine Nutzungsdauer von 50, 40 oder 33 Jahren. Vielen Immobilienbesitzern ist dieser AfA-Satz für die Gebäudeabschreibung zu gering. So wird hin und wieder versucht, einen kürzeren AfA-Zeitraum und damit eine höhere Abschreibung durchzusetzen. Grundsätzlich ist dies auch zulässig, wenn die Nutzungsdauer eines Gebäudes tatsächlich kürzer ist (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich entschieden, dass an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer keine überbordenden Anforderungen zu stellen sind. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer (BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 25/19).

Aktuell hat das Finanzgericht Münster die Sichtweise des BFH wie folgt mit Leben gefüllt: Wird im Rahmen eines Wertgutachtens die Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach der Wertermittlungsverordnung bestimmt, kann diese der Berechnung des AfA-Satzes zugrunde gelegt werden (Urteil vom 27.1.2022, 1 K 1741/18 E, rechtskräftig).

Der Fall: Der Kläger erwarb im Jahr 2011 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein Mietshaus, das im Jahr 1955 errichtet wurde. Das Amtsgericht hatte im Zwangsversteigerungsverfahren ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Grundstückswerts auf den Stichtag 17.5.2010 in Auftrag gegeben. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige machte in seinem Gutachten u. a. Angaben zum Modernisierungsstand und zu erforderlichen Instandsetzungsarbeiten und kam danach zu einem fiktiven Baujahr von 1960 und zu einer Restnutzungsdauer des Gebäudes von 30 Jahren.

Dem Gutachten legte er die Regelungen der zum Stichtag gültigen Wertermittlungsverordnung (WertV) zugrunde. Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen eine jährliche AfA des Gebäudes von 3,33 Prozent als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber lediglich einen AfA-Satz von 2 Prozent aufgrund einer gesetzlich unterstellten Nutzungsdauer von 50 Jahren. Das FG Münster hat der Klage in Bezug auf den AfA-Satz stattgegeben.

Bei einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer des Gebäudes als 50 Jahre könne von einem höheren AfA-Satz als 2 Prozent ausgegangen werden. Nach der BFH-Rechtsprechung könne sich der Steuerpflichtige jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheine. Hierfür sei kein Bausubstanzgutachten erforderlich. Der Sachverständige habe aufgrund sachlicher Kriterien eine von der gesetzlichen Typisierung abweichende geringere Restnutzungsdauer von 30 Jahren ermittelt.

Er habe fundierte Ausführungen zu den erforderlichen Instandsetzungsarbeiten und zum Zustand des Gebäudes gemacht. Die modellhafte Ermittlung der Restnutzungsdauer von 30 Jahren anhand der WertV sei für das Gericht nachvollziehbar und liege jedenfalls nicht (erheblich) außerhalb des zulässigen Schätzungsrahmens.

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Im aktuellen Streitfall hat der Kläger ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorgelegt. Das ist natürlich teuer. Sicherlich geht es auch günstiger, etwa über ein Gutachten eines Maklers. Doch ob ein solches anerkannt wird, steht auf einem anderen Blatt.

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