Grundfreibetrag 2023 und 2024: Verfassungsrechtliche Bedenken?

Der Grundfreibetrag ist ein zentraler Bestandteil des Steuerrechts und sorgt dafür, dass das Existenzminimum eines jeden Bürgers steuerfrei bleibt (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG). Doch wie hoch muss dieser Freibetrag sein, um verfassungskonform zu bleiben? Aktuell gibt es Diskussionen darüber, ob die Höhe des Grundfreibetrags für die Jahre 2023 und 2024 möglicherweise nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Im Jahr 2023 lag der Grundfreibetrag bei 10.908 Euro, während er für 2024 auf 11.604 Euro festgelegt wurde. Eine rückwirkende Erhöhung auf 11.784 Euro ist für das Jahr 2024 geplant. Bei Verheirateten gelten die doppelten Beträge. Diese Anpassungen werfen jedoch Fragen auf, ob die Beträge ausreichend sind, um das Existenzminimum abzudecken.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht entschied bereits 1998, dass das Existenzminimum eines Bürgers dem Sozialhilferecht entsprechen muss. Dabei darf der steuerliche Grundfreibetrag nicht niedriger sein als der Wert, der das sozialhilferechtliche Existenzminimum abdeckt (BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvL 42/93). Der Gesetzgeber ist verpflichtet, das Existenzminimum im Sozialrecht festzulegen, und dieses als Basis für den Grundfreibetrag im Steuerrecht zu verwenden.

Aktuelle Urteile und mögliche Revision

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat im Juni 2024 entschieden, dass der Grundfreibetrag für 2023 und 2024 rechtmäßig sei. Dennoch wurde die Revision zugelassen, und der Bundesfinanzhof wird sich mit der Frage beschäftigen, ob der Grundfreibetrag möglicherweise zu niedrig angesetzt ist (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 28.06.2024, 1 K 37/23, Revision III R 26/24). Dies könnte darauf hindeuten, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt, insbesondere in Bezug auf die Angleichung des Existenzminimums im Steuer- und Sozialrecht.

Vergleich mit Sozialleistungen

Kritiker argumentieren, dass die Leistungen nach dem Bürgergeld, welche für das Jahr 2023 bei 14.280 EUR liegen, höher sind als der steuerliche Grundfreibetrag von 10.908 EUR. Dieser Unterschied könnte einen Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts darstellen. Nach Ansicht des Finanzgerichts sei die Abweichung jedoch nicht signifikant genug, um eine Verfassungswidrigkeit festzustellen.

Einsprüche und Handlungsbedarf

Trotz der aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts sollten Steuerpflichtige gegen Steuerbescheide für 2023 und 2024 Einspruch einlegen. Auch wenn das Gericht den Grundfreibetrag für verfassungsgemäß hält, ist eine abschließende Klärung durch den Bundesfinanzhof noch ausstehend. Zudem besteht aufgrund des laufenden Verfahrens ein Anspruch auf Ruhen des Einspruchsverfahrens (§ 363 Abs. 2 AO).

Fazit

Die Frage, ob der Grundfreibetrag 2023 und 2024 verfassungswidrig ist, bleibt offen. Steuerpflichtige sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls Einspruch gegen Steuerbescheide einlegen, um mögliche Ansprüche zu wahren. Der Bundesfinanzhof wird entscheiden, ob eine Anpassung des Grundfreibetrags notwendig ist.

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