In Deutschland regelt das Steuerberatungsgesetz, wer bei der Erstellung einer Steuererklärung helfen darf. Und das sieht nur bestimmte Personen und Vereinigungen dafür vor. In allererster Linie Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Diese Personengruppe ist zur unbeschränkten Hilfeleistung befugt. Selbstverständlich sind auch Lohnsteuerhilfevereine beratungsbefugt, wenn auch nur beschränkt. Dürfen aber auch Verwandte Hilfe in Steuersachen leisten?
Was aber gilt für andere Personen – wie Angehörige, Freunde, Bekannte – im Zusammenhang mit der Hilfeleistung in Steuersachen? Dürfen Freunde oder Bekannte bei der Steuererklärung helfen? Darf man einem Bekannten ein Entgelt für die steuerliche Hilfeleistung zahlen?
- Erlaubt ist nach geltender Rechtslage die Hilfeleistung in Steuersachen nur bei Angehörigen im Sinne des § 15 AO: Das sind Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder, Schwiegereltern, Schwiegersohn und -tochter, Geschwister, Schwager, Schwägerin, Onkel, Tante, Neffe, Nichte, Pflegeeltern und -kinder, Verlobte(r). Aufgepasst: Die Hilfeleistung darf nur unentgeltlich erfolgen (§ 6 Nr. 2 StBerG).
- Nicht erlaubt ist die Hilfeleistung in Steuersachen durch andere Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Arbeitskollegen oder gar fremde Personen, wenn sie „geschäftsmäßig“ durchgeführt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Hilfeleistung kostenlos erfolgt. Geschäftsmäßig handelt, wer die Absicht hat, die Hilfe selbstständig in gleicher Weise zu wiederholen, wobei nicht erforderlich ist, dass die Hilfeleistung entgeltlich ausgeübt wird.
- Nicht geschäftsmäßig und damit erlaubt ist die Hilfeleistung, wenn sie aus Anlass eines besonderen Einzelfalles erbracht wird, z.B. aus moralischer Verpflichtung. Mehrfache Ausübung kann ein Anzeichen für die Geschäftsmäßigkeit sein (BFH-Urteil vom 4.10.1983, VII R 168/82). Ein einmaliges Tätigwerden ohne Wiederholungsabsicht gegenüber befreundeten Personen stellt folglich keine geschäftsmäßige Hilfeleistung dar. Allerdings, und das muss betont werden, darf es sich wirklich nur um eine Beratung aus besonderem Anlass im Gelegenheitsfall handeln. Erst kürzlich hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, dass ein aus rein altruistischen Motiven handelnder Freund nicht befugt ist, für eine aus dem Ausland stammende Kindergeldberechtigte in deren Kindergeldangelegenheiten bzw. in deren Steuersachen Hilfe zu leisten (FG Hamburg, Urteil vom 7.3.2022, 1 K 150/21).
Hilfe in Steuersachen
Wer nicht zu Hilfe in Steuersachen befugt ist, wird von den Finanzämtern oder den Familienkassen abgewiesen und darf nicht als Bevollmächtigter des Steuerbürgers auftreten. Wenn es „ganz dick kommt“, wird obendrein noch ein Bußgeld verhängt. Auch kann der Hilfeleistende von der Steuerberaterkammer aufgefordert werden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben – alles in allem ist das höchst unerfreulich und die unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen kann teuer werden.
Aktuell plant die Bundesregierung, ab dem 1.1.2024 die Erlaubnis zur unentgeltlichen Hilfeleistung in Steuersachen deutlich auszuweiten, und zwar über den engsten Familienkreis hinaus auch auf andere Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Arbeitskollegen, Vereinsmitglieder usw.
Allerdings darf die Hilfeleistung auch in diesen Fällen nur unentgeltlich erfolgen und unterliegt Regularien (§ 6 StBerG i.d.F. des geplanten „Gesetzes zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe“ – Entwurf -).
- Ausweitung: Mit der Neuregelung des § 6 StBerG soll das bürgerliche Engagement im Bereich der Hilfeleistung in Steuersachen gefördert werden. Die unentgeltliche Hilfeleistung in Steuersachen soll grundsätzlich zulässig werden. Künftig soll die Hilfeleistung in Steuersachen in allen Fällen näherer persönlicher Bekanntschaft erbracht werden können. Ähnliche soziale Beziehungen bestehen etwa unter Arbeitskollegen oder Vereinsmitgliedern, soweit diese sich gegenseitig Hilfe leisten.
- Unentgeltlich: „Unentgeltlich“ ist die Hilfeleistung nicht, wenn sie von einer Gegenleistung des Rechtsuchenden abhängig sein soll. Als Gegenleistung kommt dabei nicht nur eine Geldzahlung, sondern jeder andere Vermögensvorteil in Betracht, den der Hilfeleistende für seine Leistung erhält. „Entgeltlich“ erfolgt eine Hilfeleistung auch dann, wenn eine Vergütung nicht explizit im Hinblick auf die Hilfeleistung, sondern im Zusammenhang mit anderen beruflichen Tätigkeiten des Hilfeleistenden anfällt. Immer dann, wenn die Hilfeleistung im Zusammenhang mit einer anderen entgeltlichen beruflichen Tätigkeit erbracht wird, liegt daher keine unentgeltliche Hilfeleistung in Steuersachen vor.
- Geschäftsmäßig: Geschäftsmäßigkeit verlangt nicht Hauptberuflichkeit oder Entgeltlichkeit, aber die Absicht, die Hilfeleistung nicht nur gelegentlich aus besonderem Anlass in einem Einzelfall auszuüben, sondern diese Betätigung in gleicher Art zu wiederholen. Dies muss selbstständig geschehen. Selbstständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt.
- Freiwillige Geschenke, die sich im Rahmen des nach der Verkehrsanschauung Üblichen bewegen, stehen der Unentgeltlichkeit nicht entgegen. Aufwandsentschädigungen stellen ein Entgelt dar, soweit sie eine Honorierung der aufgewendeten Arbeitszeit bedeuten. Dagegen steht ein reiner Auslagenersatz, insbesondere Schreib- und Portoauslagen sowie Fahrtkostenersetz im üblichen Rahmen, der Unentgeltlichkeit nicht entgegen.
- Fremdberatung: Erlaubt sein soll künftig auch die unentgeltliche Hilfeleistung außerhalb familiärer oder persönlicher Beziehungen. In diesem Fall muss dies allerdings unter Anleitung einer qualifizierten Person, die zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, erfolgen (z.B. Steuerberater, Rechtsanwalt, Buchprüfer, Richter, Volljurist). „Anleitung“ erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Hilfeleistung ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Hilfeleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.
- „Tax Law Clinics“: Dies sind Einrichtungen, in denen Studenten an einer Hochschule unter Anleitung von Professoren kostenlos Hilfeleistung in Steuersachen anbieten können. Die Rechtsberatung (außer Steuerberatung) ist bereits seit 2008 möglich, und so sind mittlerweile ungefähr 100 sog. „Legal Clinics“ an oder im Umfeld deutscher Hochschulen entstanden, in denen unentgeltliche Rechtsberatung ermöglicht wird. Diese dürfen bislang in allen Rechtsgebieten Rechtsrat erteilen, nur im Steuerrecht nicht. Das soll künftig ermöglicht werden.