Kindergeld: Anrechnung polnischer Familienleistung „500+“

Für Kinder, die im Ausland leben, können Eltern durchaus Kindergeld in Deutschland bekommen. Dieses wird aber nicht gezahlt, wenn „Leistungen für Kinder im Ausland gewährt werden, die dem Kindergeld vergleichbar sind“ (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gleiches gilt für eine Familienleistung, die vergleichbar ist mit der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Diese „vergleichbaren Leistungen“ werden wie das Kindergeld in die Günstigerprüfung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung einbezogen und – falls Kinder- und Betreuungsfreibetrag abgezogen wurden – der Einkommensteuer hinzugerechnet.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Familienleistungen nach dem polnischen Gesetz über staatliche Beihilfen zur Kindererziehung vom 17.2.2016 auf das in Deutschland gezahlte Kindergeld anzurechnen sind. Damit haben die obersten Finanzrichter eine für das Kindergeldrecht bedeutsame Grundsatzfrage zu Lasten polnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Inland entschieden (BFH-Urteil vom 25.7.2019, III R 34/18).

Der Fall: Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und Vater zweier Töchter. Er wurde von seinem polnischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt und hatte hier einen Wohnsitz. Die Familienkasse bewilligte dem Kläger ab September 2015 Kindergeld für beide Kinder in voller Höhe. Im September 2017 teilte die polnische Behörde ROPS der Familienkasse mit, dass an den Kläger für den Streitzeitraum monatlich 500 PLN nach dem polnischen Gesetz über staatliche Beihilfen zur Kindererziehung vom 17.02.2016 (sog. „500+“) gezahlt worden seien.

Daraufhin änderte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung. Sie rechnete nun für den Zeitraum April 2016 bis September 2017 die polnischen Familienleistungen in Höhe von monatlich 500 PLN, insgesamt 2.122,38 Euro, auf das dem Kläger gezahlte Kindergeld an und forderte diesen Betrag zurück. Einspruch, Klage und Revision zum BFH hatten keinen Erfolg.

Nach dem Urteil des BFH ist die Familienleistung „500+“ dem Kindergeld gleichartig. Sowohl beim deutschen Kindergeld als auch bei der polnischen Familienleistung „500+“ handele es sich um regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und des Alters der Kinder gewährt werden. Die polnische Familienleistung sei daher nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung des Systems der sozialen Sicherheit anzurechnen.

Die Mitteilung einer ausländischen Behörde über die Gewährung einer Familienleistung habe darüber hinaus Bindungswirkung für die Familienkasse. Erfolgt diese erst nach der Kindergeldfestsetzung, stelle dies eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse dar, die nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes zur Änderung des Bescheids berechtige.

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Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind im Übrigen in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug, also von der Kindergeld-Berechtigung, ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen („Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch“).

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