Auch für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, gibt es bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld. Allerdings ist entscheidend, ob es sich um eine Erst- oder Zweitausbildung handelt. Denn für die Zweitausbildung besteht nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn nebenher keine Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit von maximal 20 Wochenstunden ausgeübt wird. Eine so genannte mehraktige Berufsausbildung gilt indes als Teil einer einheitlichen Erstausbildung.
Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Wenn das Berufsziel des Kindes erst mit der zweiten „Ausbildung“ erreicht wird, gilt diese noch als Teil der Erstausbildung und es gibt Kindergeld auch dann, wenn das Kind nebenher arbeitet. Dazu muss ein enger – sachlicher und zeitlicher – Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten vorliegen.
Kürzlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit einer ganzen Serie von Urteilen entschieden, dass immer dann, wenn ein weiterführendes Studium oder eine weiterführende Ausbildung „nur neben dem Beruf“ ausgeübt werden, das Kindergeld versagt wird. Es reicht folglich nicht aus, wenn lediglich eine berufsbegleitende Weiterbildung vorliegt, da dann bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird.
Die weiteren Ausbildungsmaßnahmen dienen dann regelmäßig nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf (BFH-Urteile vom 11.12.2018, III R 22/18, III R 2/18, III R 32/17, III R 47/17).
Aktuell hat der BFH zahlreiche weitere Fälle entschieden. Allein in drei Urteilen ging es um das Kindergeld für Töchter, die jeweils nach der Ausbildung zur Verwaltungsangestellten einen berufsbegleitenden Lehrgang zur Verwaltungsfachwirtin absolvierten (BFH-Urteil vom 20.2.2019, III R 42/18; BFH-Urteile vom 10.4.2019, III R 51/18 u. III R 33/18). In sogar sechs Fällen ging es um das Kindergeld für Kinder, die jeweils nach der Ausbildung zur Bankkauffrau/zum Bankkaufmann ein berufsbegleitendes Studium zum Bankfachwirt bzw. ein Finanz- oder Wirtschaftsstudium aufnahmen (BFH-Urteile vom 21.3.2019, III R 12/18, III R 16/18, III R 17/18, III R 40/18 u. III R 50/18; BFH-Urteil vom 10.4.2019, III R 19/18).
Und das zehnte Urteil betraf das Kindergeld für einen Sohn, der nach der Ausbildung zum Industriemechaniker und der Meisterausbildung den Aufstieg zum „Geprüften Technischen Betriebswirt“ absolvierte (BFH-Urteil vom 21.3.2019, III R 18/18).
Alle Fälle sind zwar an die Vorinstanzen zurückverwiesen worden, damit weitere Sachverhaltsaufklärungen erfolgen. Der BFH hat aber bereits durchblicken lassen, dass das Kindergeld zu versagen sein wird, wenn die Kinder jeweils nebenher in Vollzeit gearbeitet haben und die weiterführenden Ausbildungen gegenüber dem Beruf nicht im Vordergrund standen.
Doch den Urteilen sind auch drei positive Aussagen zu entnehmen, die in bestimmten Fällen hilfreich sein und das Kindergeld retten können:
- Wie eingangs erwähnt muss ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten vorliegen. Die Familienkassen sind insofern sehr streng: Sie verlangen, dass sich das Kind innerhalb eines Monats nach Abschluss des ersten Ausbildungsabschnitts für die weiterführende Ausbildung oder das aufbauende Studium beworben haben muss. Zumindest muss den Familienkassen frühzeitig eine Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung vorgelegt werden, und zwar spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts. Dieser Sichtweise hat der BFH widersprochen. Es genüge, wenn die Sachverhaltsumstände im Entscheidungszeitpunkt vollständig und glaubhaft dargelegt sind. Auf die genannte Monatsfrist komme es nicht an.
- Zudem darf die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung nicht deshalb abgelehnt werden, weil diese neben öffentlich-rechtlich geordneten auch nicht öffentlich-rechtlich geordnete Ausbildungsmaßnahmen umfasst. Es dürfe nicht der Schluss gezogen werden, dass sämtliche Teilmaßnahmen einer einheitlichen Erstausbildung jeweils für sich genommen öffentlich-rechtlich geordnet sein müssen – so der BFH.
- Nach Auffassung der Familienkasse lässt jede Berufstätigkeit, die von der Prüfungsordnung des zweiten Ausbildungsabschnitts als Prüfungsvoraussetzung gefordert wird, den notwendigen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten entfallen. Auch dieser Auffassung hat der BFH widersprochen. Er sieht es nicht als schädlich an, wenn der zweite Ausbildungsabschnitt eine Erwerbstätigkeit zur Abschlussvoraussetzung macht.
Das Kindergeldrecht zur mehraktigen Berufsausbildung ist extrem kompliziert geworden. Im Zweifelsfall sollten Sie das Prüfschema zur Hand nehmen, das Steuererklaerung-Student.de für Sie entwickelt hat.