Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind im ersten und zweiten Bezugsjahr mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig, der für das Jahr des Rentenbeginns gesetzlich festgelegt ist (bei Rentenbeginn im Jahre 2019: 78 %). Der Restbetrag im zweiten Jahr ist der persönliche Rentenfreibetrag, der dann zeitlebens festgeschrieben wird. Ab dem dritten Jahr ist die Rente in voller Höhe nach Abzug des persönlichen Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 Euro steuerpflichtig.
Das bedeutet: Rentenerhöhungen ab dem dritten Bezugsjahr sind immer in vollem Umfang steuerpflichtig.
Wann wird der Rentenfreibetrag neu berechnet? Regelmäßige Rentenanpassungen führen jedenfalls nicht zu einer Neuberechnung des persönlichen Rentenfreibetrages. Eine Neuberechnung erfolgt jedoch, wenn sich die Rente aus anderen Gründen ändert, z. B. bei Rentennachzahlungen, Anrechnung eigenen Einkommens auf die Witwenrente, Übergang von einer Teilrente zur Vollrente und umgekehrt.
Bisher sind die Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich: Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist seit dem 1. Juli 1991 von 10,79 EUR auf 29,69 EUR am 1. Juli 2017 gestiegen und hat sich somit fast verdreifacht. Der für die alten Bundesländer maßgebende aktuelle Rentenwert hat sich in demselben Zeitraum von 21,19 EUR auf 31,03 EUR nur um 46 Prozent erhöht. Der aktuelle Rentenwert (Ost) hat sich damit seit der Rentenüberleitung 1991 von rund 51 Prozent zum 1.7.2017 auf 95,7 Prozent des Westwerts verbessert. Vom 1.7.2018 bis zum 1.7.2023 wird der aktuelle Rentenwert Ost schrittweise an den Rentenwert West angeglichen – und zwar jährlich um 0,7 Prozentpunkte (§ 255a SGB VI).
Der aktuelle Rentenwert (Ost) wurde in einem ersten Schritt zum 1. Juli 2018 auf 95,8 Prozent des Westwerts angehoben. In weiteren Schritten wird der Verhältniswert zwischen aktuellem Rentenwert (Ost) und dem Westwert jedes Jahr um 0,7 Prozentpunkte angehoben, bis der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 1. Juli 2024 100 Prozent des Westwerts erreicht haben wird. Die Frage ist, ob wegen dieser und der bisherigen Rentenangleichung in Ostdeutschland auch der Rentenfreibetrag jährlich neu zu berechnen ist.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die zusammen mit der „normalen“ Erhöhung der Renten erfolgende Angleichung der Renten in Ostdeutschland an das Westniveau eine regelmäßige Rentenanpassung darstellt. Sie kann daher nicht zu einer Neuberechnung des Rentenfreibetrages führen. Darin liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen den in den neuen Bundesländern gezahlten Altersrenten und den Altersrenten aus dem übrigen Bundesgebiet (BFH-Urteil vom 3.12.2019, X R 12/18).
- Reguläre Rentenerhöhungen führen nicht zu einer Erhöhung des Rentenfreibetrags. Dies gilt nicht nur für die „normalen“ jährlichen Rentenerhöhungen zum 1. Juli, sondern – so der BFH – auch für die Anpassung der in den neuen Bundesländern gezahlten Renten an das Westniveau. In beiden Fällen kommt den regulären Rentenerhöhungen die soziale Funktion zu, die Stellung des Rentners im jeweiligen Lohngefüge zu erhalten und fortzuschreiben. Sie dynamisieren ähnlich einer Wertsicherungsklausel lediglich die Werthaltigkeit dieser Renten, im Fall der Anpassung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bezogen auf das Lohngefüge des Beitrittsgebietes.
- Da nach neuer Rechtslage ab 2005 alle Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unabhängig davon erfasst werden, ob sie als Rente oder Teilrente, Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Witwen-/Witwerrente, Waisenrente, Erziehungsrente oder als einmalige Leistung ausgezahlt werden, ist steuerrechtlich ohne Belang, ob der Rente der aktuelle Rentenwert (Ost) oder der aktuelle Rentenwert zugrunde liegt. Gleiches muss für die Anpassungen der entsprechenden Renten gelten. Auch die Anpassung des Rentenwertes (Ost) ist somit als reguläre Rentenanpassung anzusehen.