Säumniszuschlag: Verzinsung von 1 Prozent p.M. ist verfassungsgemäß

Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag (§ 240 AO).

Säumniszuschläge haben drei Funktionen:

  • Einerseits sollen sie den Zinsvorteil abschöpfen, den ein säumiger Steuerbürger durch die verspätete Zahlung der Steuerschuld erlangt.
  • Andererseits sind sie ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung der Steuerschuld anhalten soll, so dass sie insoweit eine Art Zwangsmittel oder Strafe darstellen.
  • Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die beim Fiskus dadurch entstehen, dass ein Steuerpflichtiger eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß zahlt.

Die Höhe des Säumniszuschlags von 1 Prozent pro Monat bzw. 12 Prozent pro Jahr ist verfassungsrechtlich umstritten, soweit es den darin enthaltenen Zinsanteil betrifft, denn das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte 2021 entschieden, dass ein Zinssatz von 6 Prozent p.a. für Steuernachforderungen und Steuererstattungen („Vollverzinsung“) seit dem 1.1.2014 verfassungswidrig ist (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Korrigiert werden musste der Zinssatz allerdings erst ab dem 1.1.2019; seitdem beträgt er 0,15 Prozent pro Monat, also 1,8 Prozent pro Jahr.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass gegen die Höhe des Säumniszuschlags auch bei dem niedrigen Zinsniveau der vergangenen Jahre keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteil vom 15.11.2022, VII R 55/20).

  • Der Säumniszuschlag sei in erster Linie ein Druckmittel eigener Art zur Durchsetzung fälliger Steuern und erfülle primär eine pönale Funktion. § 240 AO verfolge das Ziel, den Bürger zur zeitnahen Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen anzuhalten und die Verletzung ebenjener Verpflichtung zu sanktionieren. Die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen sei damit nicht Haupt-, sondern nur Nebenzweck der Regelung.
  • Aus dem bloßen Umstand des Anfalls von Säumniszuschlägen bei nicht fristgerechter Zahlung dürfe nicht auf deren Charakter als Zinsen geschlossen werden. Man dürfe den Säumniszuschlag daher auch nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichen. Säumige Steuerpflichtige werden durch die Höhe des Zuschlags nach § 240 AO nicht unverhältnismäßig hoch belastet.

 

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Bei unbilligen Härten sollte ein Antrag auf einen teilweisen oder vollständigen Erlass der Säumniszuschläge gestellt werden. Dieser muss aber gut begründet sein, das heißt, es ist die sachliche und/oder persönliche Härte darzulegen, die durch die Erhebung eines Säumniszuschlags entstanden ist. Ein Erlass kommt zum Beispiel in Betracht bei plötzlicher Erkrankung des Steuerpflichtigen oder bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist (Anwendungserlass zu § 227 AO; BMF-Schreiben vom 23.1.2023, BStBl 2023 I S. 184).

 

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Zum Thema „Erlass von Säumniszuschlägen“ gibt es übrigens ein interessantes Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 4.8.2021 (4 K 11/20): Hat die Säumnis des Steuerzahlers einen nicht nur geringfügigen Verwaltungsaufwand ausgelöst, handelt die Verwaltung in der Regel nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie lediglich die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlässt und einen vollständigen Erlass der Säumniszuschläge ablehnt. Hat die Säumnis des Steuerzahlers aber keinen oder nur einen geringfügigen Verwaltungsaufwand verursacht, ist auch der weitere, mit der Erhebung von Säumniszuschlägen verfolgte Zweck entfallen mit der Folge, dass als ermessensfehlerfreie Entscheidung allein ein vollständiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht kommt.

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