Jeder Hausbesitzer muss Grundsteuer zahlen. Aber auch die Mieter müssen sie indirekt zahlen, denn Immobilieneigentümer können sie über die Nebenkosten umlegen. Die derzeitige Bemessungsgrundlage der Grundsteuer, die an die Einheitswerte anknüpft, war im Jahre 2018 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Hauptkritikpunkt war, dass die zugrunde gelegten Werte die tatsächliche Wertentwicklung nicht mehr in ausreichendem Maße widerspiegeln. Deshalb soll nun die Grundsteuer in Deutschland umfassend reformiert werden. Dem Gesetzgeber hat das Gericht eine Frist zur Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 gesetzt (BVerfG-Urteil vom 10.4.2018, 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14 u.a.).
Bislang berechnen die Finanzbehörden die Grundsteuer für Häuser und unbebaute Grundstücke anhand von Einheitswerten, die in den alten Bundesländern aus dem Jahr 1964 und in den neuen Bundesländern aus dem Jahr 1935 stammen. Die Grundsteuer ist für die Gemeinden besonders bedeutsam. Nach der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer stellt die Grundsteuer die drittgrößte Einnahmequelle der Kommunen dar. Das weitgehend stabile Gesamtaufkommen der Grundsteuer hat im Jahr 2018 rund 14 Milliarden Euro betragen.
Aktuell wird es ab dem 1.1.2025 neue Regeln für die Grundsteuer geben. Für die Erhebung der Steuer gewinnen in Zukunft insbesondere die Erträge (Mieteinnahmen bzw. Sollertrag) besondere Bedeutung. Dafür müssen 35 Millionen Grundstücke und Häuser neu bewertet werden. Für die Bundesländer ist eine Öffnungsklausel vorgesehen, damit sie die Grundsteuer mit einem abgeänderten Bewertungsverfahren erheben können. Dafür wurde mit einem gesonderten Gesetz das Grundgesetz geändert („Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts“ bzw. Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019).
Die Reform des Grundsteuergesetzes muss lt. Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts bis 31.12.2019 erfolgen. Dies ist erledigt. Aber gelten sollen die neuen Regeln erst ab 2025. Bis dahin sieht das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsphase vor.
- Wertbasierte Bemessungsgrundlage: In Zukunft erfolgt die Bewertung grundsätzlich nach dem wertabhängigen Modell: Bei einem unbebauten Grundstück ist dafür der Wert maßgeblich, der durch unabhängige Gutachterausschüsse ermittelt wird, sog. Bodenrichtwerte. Ist das Grundstück bebaut, werden bei der Berechnung der Steuer auch Erträge wie Mieten berücksichtigt. Um das Verfahren zu vereinfachen, wird für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietgrundstücke und Wohnungseigentum ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag in Form einer Nettokaltmiete je Quadratmeter in Abhängigkeit der Lage des Grundstücks angenommen.
- Das heutige dreistufige Verfahren – Bewertung, Steuermessbetrag, kommunaler Hebesatz – bleibt erhalten. Die Bewertung der Grundstücke nach neuem Recht erfolgt erstmals zum 1.1.2022. Die heutigen Steuermesszahlen werden so abgesenkt, dass die Reform insgesamt aufkommensneutral ausfällt.
- Die Besteuerung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe soll in Zukunft durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und der Hofstellen mittels einer weitgehenden Automation des Bewertungs- und Besteuerungsverfahrens erfolgen. Dies führe zugleich zu einer erheblichen Vereinfachung der Bewertungssystematik, wird erwartet.
- Die Durchführung der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 2022 und die Hauptveranlagung der Grundsteuermessbeträge auf den 1. Januar 2025 sowie die Pflege der ermittelten Werte erstrecken sich über mehrere Jahre, so dass der gesamte Erfüllungsaufwand für den Hauptfeststellungszeitraum 2022 – 2028 linear auf einen Zeitraum von sieben Jahren zu verteilen ist. Da ein vollständig digitalisiertes Verwaltungsverfahren auf den 1. Januar 2022 noch nicht angeboten werden kann, ist eine umfassende Datenerhebung mittels einer elektronischen Steuererklärung durch die Bürger erforderlich.
- Für die Bundesländer ist eine Öffnungsklausel vorgesehen: Anstelle des wertabhängigen Modells können sie sich auch dafür entscheiden, die Grundsteuer nach einem wertunabhängigen Modell zu berechnen. Dafür wird mit einem gesonderten Gesetz das Grundgesetz geändert. Kritiker dieser Klausel fürchten zusätzliche Bürokratie, Befürworter argumentieren, dass sie für die jeweiligen Regionen passgenaue Lösungen erlaube.
⇒ Neue Grundsteuer C
Gemeinden erhalten – neben einer reformierten Grundsteuer A und B – ab dem Jahr 2025 die Möglichkeit, aus städtebaulichen Gründen für baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der unbebauten Grundstücke einen gesonderten – höheren – Hebesatz festzusetzen (Grundsteuer C). Diese „Grundsteuer C“ verteuert damit die Spekulation und soll finanzielle Anreize setzen, auf baureifen Grundstücken tatsächlich auch Wohnraum zu schaffen („Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung“ vom 30.11.2019).
Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in drei selbständigen, aufeinanderfolgenden Verfahrensstufen. Zunächst wird der Grundsteuerwert festgestellt. Auf dem Grundsteuerwert aufbauend wird der Steuermessbetrag festgesetzt. Abschließend wird durch Anwendung des von der Gemeinde bestimmten Hebesatzes auf den Steuermessbetrag die Grundsteuer festgesetzt. Der Hebesatz in der Gemeinde für die „Grundsteuer C“ muss dabei höher als der Hebesatz für die sog. Grundsteuer B sein (BT-Drucksache 19/16698 vom 22.1.2020).
Bestimmt eine Gemeinde für die Grundstücksgruppe baureifer Grundstücke im Sinne des § 25 Abs. 5 GrStG beispielsweise für das Kalenderjahr 2025 einen gesonderten Hebesatz, würde sich die Grundsteuer C für ein innerhalb des insoweit ausgewiesenen Gemeindegebiets liegendes baureifes Grundstück grundsätzlich wie folgt ermitteln:
- I. Bewertung des unbebauten Grundstücks (§ 246, 247 BewG)
- Grundstücksfläche x Bodenrichtwert = Grundsteuerwert (ggf. nach Abrundung gemäß § 230 BewG)
- II. Steuermessbetragsverfahren (§ 13, 15 Abs. 1 Nr. 1 GrStG)
- Grundsteuerwert x Steuermesszahl (0,00034) = Steuermessbetrag
- III. Steuerfestsetzung (§ 25, 27 GrStG)
- Steuermessbetrag x gesonderter Hebesatz nach § 25 Abs. 5 GrStG = Grundsteuer C