Vorsorgeaufwendungen: Abzug bei Tätigkeit im Nicht-EU-Ausland?

Viele Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland sind bei einem Unternehmen im Ausland beschäftigt oder für ein deutsches Unternehmen längere Zeit im Ausland tätig. Wo der Arbeitslohn dann zu versteuern ist, hängt von den Regelungen im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ab. Wie verhält es sich aber mit Rentenversicherungsbeiträgen und anderen Vorsorgeaufwendungen, die mit der Auslandstätigkeit in Verbindung stehen.

Bei einer längeren Tätigkeit im Ausland gilt üblicherweise, dass der Arbeitslohn im Tätigkeitsstaat zu versteuern ist und in Deutschland steuerfrei bleibt. Allerdings wird der steuerfreie Arbeitslohn in der deutschen Steuerveranlagung in den Progressionsvorbehalt einbezogen und führt so doch zu einem höheren Steuersatz für das übrige Einkommen – vorausgesetzt natürlich, dass in Deutschland eine Steuererklärung abzugeben ist.

Wenn nun Rentenversicherungsbeiträge und andere Vorsorgeaufwendungen mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängen, sind sie in Deutschland nicht als Sonderausgaben absetzbar – so der Grundsatz. Doch davon gibt es seit wenigen Jahren eine gewichtige Ausnahme: Vorsorgeaufwendungen sind als Sonderausgaben in der deutschen Steuererklärung absetzbar, soweit

  • sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit Arbeitslohn stehen, der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem EWR-Staat oder der Schweiz erzielt wurde,
  • diese Einnahmen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei sind und
  • der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt.

Ausgenommen bleiben Vorsorgeaufwendungen, die mit Einnahmen zusammenhängen, die in einem sogenannten Drittstaat erzielt werden, also zum Beispiel China, Brasilien oder Indien. Doch das ist umstritten! So lässt das Finanzgericht Düsseldorf einen Abzug der Vorsorgeaufwendungen sehr wohl zu (Urteil vom 10.7.2018, 10 K 1964/17 E).

Aktuell hält das Finanzgericht Hamburg hingegen einen Abzug für nicht zulässig (Urteil vom 14.6.2021, 1 K 73/19).

  • Der Kläger war bei einem deutsch-chinesischen Joint Venture als Diplom-Kaufmann tätig, wobei er im Streitjahr 2016 insgesamt 224 Arbeitstage in China tätig war. Er bezog Arbeitslohn sowohl in Deutschland als auch in China. Er zahlte seine Rentenversicherungsbeiträge aber weiter in Deutschland. In seiner Einkommensteuererklärung wollte er die Beiträge zur Rentenversicherung in voller Höhe als Sonderausgaben abziehen, obwohl rund 88 Prozent seines Arbeitslohns aufgrund des DBA mit China steuerfrei blieb. Das Finanzamt lehnte den vollen Abzug der Vorsorgeaufwendungen ab und berücksichtigte nur den Teil, der auf den steuerpflichtigen deutschen Arbeitslohn entfiel, also rund 12 Prozent. Eine weitergehende Berücksichtigung der erklärten Vorsorgeaufwendungen sei hingegen ausgeschlossen, da diese in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden und deshalb keine berücksichtigungsfähigen Sonderausgaben darstellten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.
  • Die Richter aus Hamburg halten sich streng an den Gesetzestext. Selbst in der zwischenzeitlich geänderten Fassung des § 10 Abs. 2 EStG sei ein Sonderausgabenabzug bei einem Zusammenhang mit steuerfreien Einkünften aus Drittstaaten nicht vorgesehen. Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht. Unerheblich sei zudem, dass die Vorsorgeaufwendungen in China nicht abgezogen werden könnten, die spätere Rente in Deutschland aber wohl dennoch der vollen Besteuerung unterliegen wird.

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Das FG Hamburg hat die Revision zugelassen, die auch bereits vorliegt (Az. X R 25/21, vormals I R 31/21). Insofern sollte in ähnlichen Fällen Einspruch gegen ablehnende Steuerbescheide eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden.